Nach dem Recht der Europäischen Union besteht Sozialversicherungspflicht grundsätzlich im Beschäftigungsstaat, also Deutschland. Ein Verbleiben in der französischen Sozialversicherung kann nur ausnahmsweise beantragt werden, wenn es sich um einen zeitlich begrenzten Deutschlandaufenthalt handelt und arbeitsrechtliche Bindungen zu einem französischen Arbeitgeber bestehen, zum Beispiel ein ruhendes Beschäftigungsverhältnis mit Rückkehrrecht auf den französischen Arbeitsplatz.
Sozialversicherungspflicht besteht für Personen, die in einem Beschäftigungsverhältnis stehen. Wer nur von einem Stipendium lebt, unterliegt in der Regel nicht der Sozialversicherungspflicht.
Eine Wissenschaftlerin mit russischer Staatsangehörigkeit und derzeitigem Wohnsitz in Italien soll ab Mai für drei bis vier Jahre als Angestellte einer Universität in Deutschland eingestellt werden. Sie wird jedoch für die Gesamtdauer des Vertrags an ein Forschungszentrum in der Schweiz entsandt bzw. abgeordnet, so dass sie eigentlich überhaupt nicht an die deutsche Universität kommen muss. Sie wird ihren Wohnsitz in der Schweiz haben. Für uns stellen sich nun einige sozialversicherungs-, steuer- und aufenthaltsrechtliche Fragen. In welchem Staat ist sie steuer- und sozialversicherungspflichtig? In welchem Land erwirbt sie einen Rentenanspruch? Wie und wo muss sie sich krankenversichern? Benötigt sie überhaupt einen Aufenthaltstitel für Deutschland?
Eine Arbeits- und Aufenthaltserlaubnis braucht man als Ausländerin bzw. Ausländer immer nur in dem Staat, in dem man sich aufhält, um den Arbeitsvertrag zu erfüllen. Der Sitz des Arbeitgebers ist nicht entscheidend. Die Wissenschaftlerin benötigt deshalb keinen Aufenthaltstitel für Deutschland, sondern nur für die Schweiz. Sie ist in dem Staat steuer-, sozial- und krankenversicherungspflichtig, in dem sie ihren Beruf ausübt, also in der Schweiz. In Deutschland besteht keine Steuer- und Versicherungspflicht. Das Gehalt ist deshalb von der deutschen Universität ohne Lohnsteuerabzug auszuzahlen.
Für die Versteuerung ihres Einkommens in der Schweiz ist die Wissenschaftlerin selbst verantwortlich. Bei der Sozialversicherung ist zu beachten, dass die Wissenschaftlerin für einen Arbeitgeber ohne Geschäftsdomizil in der Schweiz arbeitet. In diesem Fall ist die Arbeitnehmerin selbst zur Abführung der Sozialversicherungsbeiträge verpflichtet. Man nennt diese Beitragskategorie in der Schweiz ANobAG (Arbeitnehmer ohne beitragspflichtigen Arbeitgeber). Das Gehalt ist der Wissenschaftlerin ohne Abzug von Arbeitnehmerbeiträgen an der Sozialversicherung auszuzahlen. Ein Arbeitgeberanteil an den von der Wissenschaftlerin selbst abzuführenden Sozialversicherungsbeiträgen kann in Form eines Zuschusses geleistet werden. Entsprechend der Dauer ihres Arbeitsaufenthalts in der Schweiz kann die Wissenschaftlerin einen Anspruch auf eine Schweizer Rente erwerben.
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Zuletzt aktualisiert: 27. April 2023