Bis zu welcher Höhe sind Stipendien in Deutschland steuerfrei? Und wie werden Sachleistungen, zum Beispiel eine kostenlose Unterkunft in den ersten Wochen, angerechnet?
Stipendien sind Geldleistungen, die unter gewissen Umständen steuerfrei sind. Sachleistungen fallen nicht unter diesen Begriff. Wird kostenlose Unterkunft gewährt, kann deren Wert aber eine Rolle bei der Beurteilung der Steuerfreiheit des Stipendiums spielen, weil das Stipendium nicht höher sein darf als zur Erfüllung der Forschungsaufgabe oder zur Bestreitung des Lebens- und Ausbildungsbedarfs erforderlich.
Können ausländische Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler Heimreisen bei der Steuer geltend machen? Müssen sie dazu noch in ihrem Heimatland eine Wohnanschrift haben oder reicht die Adresse der Eltern?
Heimreisen können als Mehraufwendungen wegen doppelter Haushaltsführung geltend gemacht werden. Doppelte Haushaltsführung setzt voraus, dass im Heimatort ein eigenständiger Hausstand besteht. Die Möglichkeit der Mitbenutzung der elterlichen Wohnung reicht hierfür nicht aus. Es liegt kein eigener Hausstand vor, wenn Arbeitnehmende in den Haushalt der Eltern eingegliedert sind oder in der Wohnung der Eltern lediglich ein Zimmer nutzen können.
Ich bin amerikanischer Staatsbürger und Professor an einer amerikanischen Universität. Ich beabsichtige, ab Sommer mit meiner Familie für einen Forschungsaufenthalt an einer Forschungseinrichtung nach Deutschland zu kommen. Der Forschungsaufenthalt wird elf Monate dauern. Die deutsche Forschungseinrichtung wird eine bestimmte Geldsumme aus einem Fonds für Forschungsstipendien an meine Heimatuniversität überweisen. Ich selbst werde kein Stipendium erhalten. Stattdessen werde ich während der Forschungstätigkeit in Deutschland mein reguläres US-Gehalt weiterbeziehen. Ich werde zu keiner Zeit in einem Beschäftigungsverhältnis zu einem deutschen Arbeitgeber stehen. Werde ich in Deutschland steuerpflichtig? Hängt meine Steuerpflicht von der Anzahl der Aufenthaltstage in Deutschland ab?
Art. 20 Abs. 1 des deutsch-amerikanischen Doppelbesteuerungsabkommens weist das Besteuerungsrecht an den Vergütungen für den Forschungsaufenthalt amerikanischer Hochschullehrenden an deutschen Forschungseinrichtungen den USA zu, wenn der Forschungsaufenthalt nicht länger als zwei Jahre dauert und zum öffentlichen Nutzen geschieht, das heißt nicht in erster Linie dem Interesse privater Personen oder Firmen dient. In Deutschland sind die Vergütungen insoweit steuerfrei. Ob die deutsche Einrichtung sich an den Kosten der Forschungstätigkeit beteiligt, ist für das Besteuerungsrecht ohne Belang. Die Frist von zwei Jahren beginnt mit dem Zeitpunkt der Einreise zur Ausübung der Forschungstätigkeit.
Ich bin amerikanischer Staatsbürger. Ich beabsichtige, für einen Forschungsaufenthalt nach Deutschland zu kommen. Der Deutschlandaufenthalt wird am 15. August beginnen und insgesamt elf Monate dauern. Meine Frau hat mit ihrem Arbeitgeber geklärt, mich begleiten zu dürfen. Sie kann ihm von Deutschland aus via Internet zuarbeiten und ihr US-Gehalt weiterbeziehen. Sie befürchtet aber, von ihrem Gehalt in Deutschland zusätzlich Steuern zahlen zu müssen, und droht mir, deswegen nicht mitzukommen. Ich möchte nicht so lange von meiner Frau getrennt sein. Lässt es sich vermeiden, dass sie auch in Deutschland Steuern zahlen muss?
Diese Frage lässt sich nicht generell beantworten. Es kommt darauf an, welche Doppelbesteuerungsregeln zwischen Deutschland und dem Heimatstaaten der Beschäftigten jeweils vereinbart worden sind. Bei Arbeitnehmern aus den USA wird unterschieden, ob das Gehalt von einer öffentlichen Kasse oder einem privaten Arbeitgeber gezahlt wird:
Zahlen die USA, einer ihrer Einzelstaaten oder eine ihrer Gebietskörperschaften das Gehalt, ist es nach Art. 19 Abs. 1a des deutsch-amerikanischen Doppelbesteuerungsabkommens (DBA-D/USA) in den USA zu versteuern und in Deutschland steuerfrei.
Wird das Gehalt von einem privaten amerikanischen Arbeitgeber gezahlt, ist es nach Art. 15 Abs. 1 und 2 DBA-D/USA in Deutschland zu versteuern, wenn der Deutschlandaufenthalt länger als 183 Tage im Kalenderjahr dauert. Die Fristberechnung beginnt im vorliegenden Fall am 15. August. Die Zeit vom 15. August bis zum Jahresende beträgt weniger als 183 Tage. Im laufenden Kalenderjahr wäre ein privates US-Gehalt der Ehefrau deshalb in Deutschland steuerfrei. Im nächsten Kalenderjahr wird der Deutschlandaufenthalt voraussichtlich noch 6 ½ Monate dauern. Das ist länger als 183 Tage. Im nächsten Jahr wäre ein privates US-Gehalt deshalb in Deutschland zu versteuern. Eine Doppelbesteuerung würde dabei nach Art. 23 Abs. 1 Satz 1a DBA-D/USA durch Anrechnung der deutschen Steuer auf die amerikanische Steuer vermieden. Der deutschen Steuerpflicht auf ein privates US-Gehalt kann die Ehefrau aber entgehen, wenn sie im nächsten Kalenderjahr vor Ablauf von 183 Aufenthaltstagen ausreist.
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Die Anwendbarkeit der 183-Tage-Regel entfällt dann rückwirkend. Im betreffenden Steuerjahr müssen Ausländerinnen und Ausländer die Inlandstätigkeit vom ersten Aufenthaltstag an, also auch für die ersten 183 Tage, im Inland versteuern. Bei Nachweis der Steuerentrichtung im Inland wird den Ausländerinnen und Ausländern in den Heimatländern für diesen Zeitraum eine Steuerbefreiung oder -anrechnung gewährt.
Gibt es in Doppelbesteuerungsabkommen steuerliche Regelungen für Forschende, die für eine befristete Zeit in einem anderen Vertragsstaat tätig sind? Wer entscheidet, ob diese Regelungen auf den Einzelfall angewendet werden und wie ist das Verfahren?
Viele, aber nicht alle Doppelbesteuerungsabkommen, die Deutschland mit anderen Staaten abgeschlossen hat, enthalten Sondervorschriften, die für bestimmte zeitlich begrenzte Lehr- und Forschungsaufenthalte eine Steuerbefreiung im Tätigkeitsstaat vorsehen bzw. das Besteuerungsrecht dem Ansässigkeitsstaat zuweisen. In den meisten Abkommen gilt die Sondervorschrift nur für Aufenthalte bis zu zwei Jahren. Im Übrigen weichen die Sondervorschriften inhaltlich stark voneinander ab, so dass man keine allgemeine Aussage treffen kann, sondern jedes Abkommen individuell prüfen muss: Zum Teil wird vorausgesetzt, dass Steuerpflichtige Hochschullehrende oder Lehrende sind, zum Teil nicht.
Es gibt unterschiedliche Kriterien, welche Lehr- und Forschungstätigkeiten und welche Institutionen unter die Sondervorschrift fallen. Zum Teil erstreckt sich der Geltungsbereich der Sondervorschrift nur auf Vergütungen, die nicht aus dem Tätigkeitsstaat stammen. Ob eine Lehr- oder Forschungstätigkeit im Einzelfall von einer dieser Sondervorschriften erfasst wird, ist zu Beginn der Auslandstätigkeit mit den zuständigen Steuerbehörden abzustimmen. Diese prüfen, ob die Voraussetzungen der Sondervorschrift vorliegen. Bei deren Vorliegen wird die Steuerbefreiung bescheinigt und geregelt, inwieweit Lohnsteuerabzug im Tätigkeitsstaat entfällt und im Ansässigkeitsstaat vorzunehmen ist. Trotz Steuerbefreiung verlangen einige Tätigkeitsstaaten die Abgabe einer Einkommensteuererklärung. Im Rahmen der Einkommensteuererklärung ist der von der Sondervorschrift erfasste Einkommensanteil gesondert auszuweisen.Nach dem deutsch-ungarischen Doppelbesteuerungsabkommen steht das Besteuerungsrecht dem Tätigkeitsstaat, also Deutschland zu. Die in Deutschland bezahlte Einkommensteuer bekommt man deshalb nicht zurück. Soweit Deutschland das Besteuerungsrecht besitzt, gewährt Ungarn jedoch eine Befreiung von ungarischen Steuern und vermeidet damit eine Doppelbesteuerung.
Zunächst muss nach den Bestimmungen des jeweiligen Staates ermittelt werden, ob die jeweilige Zahlung ein Stipendium, Honorar für eine selbständige bzw. freiberufliche Tätigkeit oder Gehalt für unselbständige Arbeit darstellt. Die Bezeichnung als Stipendium, Honorar oder Gehalt allein ist nicht maßgebend. Es kommt auf die Gesamtumstände an.
Anschließend ist nach dem einschlägigen Doppelbesteuerungsabkommen zu prüfen, welchem Staat das Besteuerungsrecht an der Zahlung zusteht. Nach dem deutsch-italienischen Doppelbesteuerungsabkommen kommt es bei Forschungstätigkeit einer Italienerin in Deutschland zum Beispiel darauf an, ob die Zahlungen aus Deutschland stammen oder nicht. Stammen sie nicht aus Deutschland, können sie in Deutschland steuerfrei sein. Stammen die Zahlungen aus Deutschland, ist zu unterscheiden:- Ein Stipendium ist steuerfrei.
- Für Honorar aus selbständiger oder freiberuflicher Tätigkeit hat grundsätzlich Italien als Ansässigkeitsstaat das Besteuerungsrecht.
- Gehalt aus unselbstständiger Arbeit ist im Tätigkeitsstaat Deutschland zu versteuern. Das in Deutschland versteuerte Gehalt ist auch bei der italienischen Einkommensteuererklärung anzugeben. Die in Deutschland gezahlte Steuer wird anschließend auf die italienische Steuerschuld angerechnet
Eine Wissenschaftlerin mit russischer Staatsangehörigkeit und derzeitigem Wohnsitz in Italien soll ab Mai für drei bis vier Jahre als Angestellte einer Universität in Deutschland eingestellt werden. Sie wird jedoch für die Gesamtdauer des Vertrags an ein Forschungszentrum in der Schweiz entsandt bzw. abgeordnet, so dass sie eigentlich überhaupt nicht an die deutsche Universität kommen muss. Sie wird ihren Wohnsitz in der Schweiz haben. Für uns stellen sich nun einige sozialversicherungs-, steuer- und aufenthaltsrechtliche Fragen. In welchem Staat ist sie steuer- und sozialversicherungspflichtig? In welchem Land erwirbt sie einen Rentenanspruch? Wie und wo muss sie sich krankenversichern? Benötigt sie überhaupt einen Aufenthaltstitel für Deutschland?
Eine Arbeits- und Aufenthaltserlaubnis brauchen Staatsangehörige eines Drittstaats immer nur in dem Staat, in dem man sich aufhält, um den Arbeitsvertrag zu erfüllen. Der Sitz des Arbeitgebers ist nicht entscheidend. Die Wissenschaftlerin benötigt deshalb keinen Aufenthaltstitel für Deutschland, sondern nur für die Schweiz. Sie ist in dem Staat steuer-, sozial- und krankenversicherungspflichtig, in dem sie ihren Beruf ausübt, also in der Schweiz. In Deutschland besteht keine Steuer- und Versicherungspflicht. Das Gehalt ist deshalb von der deutschen Universität ohne Lohnsteuerabzug auszuzahlen.
Für die Versteuerung ihres Einkommens in der Schweiz ist die Wissenschaftlerin selbst verantwortlich. Bei der Sozialversicherung ist zu beachten, dass die Wissenschaftlerin für einen Arbeitgeber ohne Geschäftsdomizil in der Schweiz arbeitet. In diesem Fall ist die Arbeitnehmerin selbst zur Abführung der Sozialversicherungsbeiträge verpflichtet. Man nennt diese Beitragskategorie in der Schweiz ANobAG (Arbeitnehmer ohne beitragspflichtigen Arbeitgeber). Das Gehalt ist hier der Wissenschaftlerin ohne Abzug von Arbeitnehmerbeiträgen an der Sozialversicherung auszuzahlen. Ein Arbeitgeberanteil an den von der Wissenschaftlerin selbst abzuführenden Sozialversicherungsbeiträgen kann in Form eines Zuschusses geleistet werden.
Entsprechend der Dauer ihres Arbeitsaufenthalts in der Schweiz kann die Wissenschaftlerin einen Anspruch auf eine Schweizer Rente erwerben.
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Zuletzt aktualisiert: 18. April 2023